Erklärung Bundesfachstelle

Zu den Vorwürfen linker Gruppen gegen die am Göttinger Institut für Demokratieforschung (IfD) angesiedelte Bundesfachstelle Linke Militanz im Allgemeinen und zur Pressemitteilung des sogenannten »No-IfD«-Bündnisses zu unserer Jahrestagung mit dem Titel »Präventionsarbeit und Deeskalationsstrategien zu linker Militanz? Kontroverse Ansätze in Theorie und Praxis« am 27.09.2018 im Speziellen stellen wir Folgendes fest: Die Kritik an der Bundesfachstelle, wie sie in vier zentralen Punkten expliziert wird, entbehrt jeglicher Grundlage.

  1. Es wird behauptet, das IfD stelle »dem Verfassungsschutz Informationen zur Verfügung; der freut sich schon jetzt über Erkenntnisse und Analysen, an die er sonst nicht kommen würde«. Dazu erklären wir: Die Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre ist ein im Grundgesetz verbrieftes Grundrecht. Wir legen großen Wert auf die Unabhängigkeit unserer Forschung und lassen uns von keinem Geldgeber – weder von Ministerien noch von Stiftungen, Parteien, Verbänden oder Unternehmen – unsere Fragestellungen, Methoden und Forschungsresultate diktieren. Sämtliche Ergebnisse unserer Forschung machen wir vollständig publik und setzen sie dem kritischen Diskurs in Wissenschaft und interessierter Öffentlichkeit aus. Zugleich achten wir entsprechend der Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung und der allgemein anerkannten Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis sorgsam auf den Schutz unserer Quellen. Insofern ist klar: Weder das IfD noch die Bundesfachstelle noch irgendein sonstiges am IfD angesiedeltes Forschungsprojekt stellt dem Verfassungsschutz irgendwelche exklusiven Informationen zur Verfügung.
  2. Es wird behauptet, dass wir, statt kritische Distanz zu wahren, »den VS als ›wissenschaftlichen Partner‹ (betrachten)« und »so zu einer Legitimation dieser zutiefst undemokratischen Organisation (beitragen würden)«. Dazu erklären wir: Als wissenschaftlichen Partner betrachten weder wir den VS, noch sieht dieser selbst sich so. Die Bundesfachstelle betreibt unabhängige Grundlagenforschung mit Mitteln aus dem Programm »Demokratie leben!« des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Der Verfassungsschutz hat mit alledem nichts zu tun.
  3. Es wird behauptet, »Mitarbeiter*innen des IfD nutzen Informationen, die sie als verdeckte Teilnehmer*innen bei Veranstaltungen erlangen, treten also als ›Spitzel‹ auf«. Dazu erklären wir: Wir arbeiten mit der Forschungsmethode der »teilnehmenden Beobachtung«. Da wir uns für kulturelle Stile, szenetypische Codes, Aktionsformen und Semantiken interessieren, integrieren wir auch Demonstrationen im öffentlichen Raum in unsere Analysen. Veranstaltungen in geschlossenen Räumlichkeiten und gruppeninterne Treffen besuchen wir nicht, ohne unser Erkenntnisinteresse und unsere Forschungsgruppenzugehörigkeit zu erklären sowie den Beteiligten die Möglichkeit zu geben, uns den Zutritt bzw. die Teilnahme zu verwehren. Ebenso wenig versuchen wir, AktivistInnen klandestin, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen o. Ä. in Gespräche zu verwickeln oder ihnen Information zu entlocken. Das widerspräche fundamental den oben schon erwähnten Grundsätzen guter wissenschaftlicher Praxis.
  4. Es wird behauptet, »das IfD arbeitet, wie auch der VS, mit Bezug auf die Extremismus- und Totalitarismus-Ideologie und trägt damit zu einer Verharmlosung von rechtem Terror bei«. Dazu erklären wir: In sämtlichen unserer Publikationen und bei allen unseren Veranstaltungen haben wir Kritik an der Extremismus-Theorie geübt. Zwar halten wir im Sinne unserer Überzeugung, dass Erkenntnisse dadurch gewonnen werden, dass Thesen dem Säurebad von Kontroverse, Kritik und Streit ausgesetzt werden, auch den Austausch mit Andersdenkenden für fruchtbar. Doch sehen wir die Einwände gegen die Extremismustheorie in weiten Teilen als begründet an und arbeiten dementsprechend nirgendwo mit der entsprechenden Terminologie.

Keinesfalls ist es unser Ziel, die wissenschaftliche Arbeit vor einer kritischen Öffentlichkeit abzuschirmen. Auch verlangen wir nicht, dass die Erforschung linker Militanz auf einhelligen Zuspruch stößt. Im Gegenteil: Wir ermutigen ausdrücklich dazu, das Gespräch mit uns zu suchen, d.h., Rückfragen, Kritik, Irritationen und Missmut direkt an uns zu richten.