Q&A zum Dresdner Antifa-Prozess

Am 31.05.2023 verkündete das Dresdner Oberlandesgericht nach 97 Verhandlungstagen ein über die Grenzen Deutschlands hinaus beachtetes und medial breit diskutiertes erstinstanzliches Urteil: vier junge Menschen erhalten Freiheitsstrafen zwischen rund zweieinhalb sowie fünf Jahren und drei Monaten. Gemeinsam mit weiteren Mitstreitern sollen die vier Angeklagten zwischen 2018 und 2020 an verschiedenen Orten in Sachsen und Thüringen Überfälle auf tatsächliche bzw. mutmaßliche Rechtsextremisten geplant und verübt haben, die unter anderem mit gefährlichen Körperverletzungen einhergingen. Dem Gericht zufolge handelten die Angeklagten als Mitglieder und Unterstützer einer militant antifaschistischen, linksextremistischen, kriminellen Vereinigung.

In einem Q&A-Format greifen Mitarbeiter*innen der Bundesfachstelle Linke Militanz Fragen rund um militanten Antifaschismus im Allgemeinen und den Dresdner Prozess im Besonderen auf, die infolge des Urteils in der öffentlichen Auseinandersetzung vermehrt gestellt wurden. Die Antworten folgen dem Bemühen um eine differenzierte Einordnung auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Hinweis auf Medienbeiträge

Vor dem Hintergrund des Dresdner Antifa-Prozesses sprach unser Kollege Alexander Deycke unter anderem mit dem MDR und der New York Times.

Podcasthinweis: „Der Fall Lina E. Wenn der Kampf gegen Neonazis in Gewalt eskaliert.“

Vor dem Staatsschutzsenat der Oberlandesgerichts Dresden wird ein überregional beachtetes Verfahren verhandelt: Einer Gruppe junger Menschen aus Leipzig wird vorgeworfen, mindestens sechs gewaltsame Überfälle auf Rechtesextreme in Sachsen und Thüringen geplant und ausgeführt zu haben. Im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit steht Lina E. In der Studentin sieht die Staatsanwaltschaft die Anführerin einer linksradikalen „kriminellen Vereinigung“. Anderen gilt sie durch den langwierigen Prozess als Ikone des kämpferischen Antifaschismus und Opfer staatlicher Repression gegen linken Radikalismus.

In dem fünfteiligen Podcast der Leipziger Volkszeitung geht es um den Prozess, militanten Antifaschismus und linksradikale Szenen. Es geht um das Verhältnis der Radikalen Linken zur Gewalt und die breite Solidarität, die den Angeklagten und vor allem Lina E. zuteil wird. Hierzu sprachen die Autorinnen auch mit unserem Kollegen Alexander Deycke.

Publikationen

Unsere Arbeitsergebnisse zum Anklicken:

Monographie, Broschüre oder Handreichung: Grundlagenwissen, Debattenbeiträge und pädagogisches Material in unterschiedlichen Formaten entdecken.

Podcast

Hören statt lesen:

In unseren Podcastepisoden sprechen wir mit Expert:innen über verschiedene Themen rund linken Radikalismus, Radikalisierung und Militanz.

Handbuch

Wichtiges kompakt erklärt:

Unser ständig erweitertes Open-Access-Handbuch liefert prägnantes Wissen zu komplexen Themen aus dem Bereich linker Militanz.

Die Bundesfachstelle: Aufgabe und Ansatz

Die Erforschung linker Militanz bzw. linker Radikalität hat in der universitären Landschaft lange Zeit nur geringen Niederschlag gefunden. Allenfalls schlaglichtartig wurden aktuelle und historische Strukturen, Ideologeme, Debatten, aber auch Radikalisierungs- und Eskalationsdynamiken im Feld sich als linksradikal verstehender Gruppierungen zum Gegenstand wissenschaftlicher Analyse. Dem gegenüber steht eine mediale und politische Debattenlage, die nicht minder schlaglichtartig und punktuell, aber bisweilen analytisch wenig abgesichert, über linke Radikalität debattiert.

Grund genug in der Tradition von Politikwissenschaft als Demokratiewissenschaft tiefer in das Analysefeld einzutauchen, Wissensbestände abzusichern und diese nicht nur öffentlich zu vermitteln, sondern auch zwischen den vielen Akteuren im Analysefeld zu vermitteln und jenseits von Alarmismus und Affirmation linke Radikalität und linke Militanz als Teil gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse greifbar zu machen und zu problematisieren.

Die Bundesfachstelle Linke Militanz wird im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben!« vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Mit »Demokratie leben!« fördert das BMFSFJ seit 2015 zivilgesellschaftliches Engagement für ein vielfältiges und demokratisch verfasstes gesellschaftliches Zusammenleben.

Unsere Arbeit umfasst sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung und politische Bildung sowie der Vernetzung und den Austausch mit den bundesweit verteilten Modellprojekten des Phänomenbereiches.

Aktuelles

Die Radikale Linke und die Klimabewegung

Kurzbeschreibung: 

Tom Pflicke spricht in diesem Podcast mit dem Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber über das Verhältnis zwischen linkem Radikalismus und Klimaschutzbewegung in Deutschland.

Podcast

In unserem Podcast diskutieren wir gemeinsam mit unterschiedlichen Expert:innen grundlegende und aktuelle Fragen rund um das Themenfeld linke Militanz, um dieses aus verschiedenen Blickwinkeln auszuleuchten.

Ausgewählte Episoden:

Die Radikale Linke und die Klimabewegung

Kurzbeschreibung: 

Tom Pflicke spricht in diesem Podcast mit dem Extremismusforscher Armin Pfahl-Traughber über das Verhältnis zwischen linkem Radikalismus und Klimaschutzbewegung in Deutschland.

Moderation: Tom Pflicke

Jetzt reinhören:

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Radikale Linke und Gewalt

Kurzbeschreibung: 

Was wissen wir eigentlich über Qualität und Quantität linksradikaler Gewalt? Welche Daten gibt es, welche Trendentwicklung lässt sich daraus ableiten? Wo liegen die Defizite dieser Daten? Welchen Zweck erfüllen die Gewaltpraktiken?

Moderation: Katharina Heise

Jetzt reinhören:

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Handbuch Linke Militanz

Wissensquelle

Fachtagung: Demokratiefeindliche Brückennarrative in der politischen Bildung

Wann: 10. November 2022

Wo: in der historischen Sternwarte Göttingen

Im Rahmen der diesjährigen Fachtagung beschäftigen wir uns mit aktuellen demokratiefeindlichen Brückennarrativen aus wissenschaftlicher und (bildungs-)praktischer Perspektive. Unter dem Begriff der Brückennarrative werden Gemeinsamkeiten ideologischer Diskurselemente identifiziert, die von verschiedenen radikalisierten Gruppen geteilt werden.

Im Radikalisierungsgeschehen wird diesen gemeinhin eine strukturierende und identitätsstiftende Funktion zugeschrieben. Brückennarrative sind damit auch für die Konzeption politischer Bildungsmaßnahmen sowie die Radikalisierungsprävention relevant. Insbesondere antiimperialistische sowie antisemitische Narrative sind auch in militant linken Zusammenhängen anzutreffen.